Anno 1722.
(Num. 89.)
7. November.
Wienerisches
DIARIUM.
Mit Jhrer Römis. Kayserl. und Cathol. Majestät Freyheit.
Zu finden in der Kayserlichen Hof=Buchdruckerey / gegen dem Hof=
Ball=Haus über / bey Johann Peter Van Ghelen.
Peru in West=Jndien 14. May.
VOn Calao de Lima hat man / daß man
alda durch einem Expressen von Chilli
die Nachricht erhalten habe / wie nem=
lich 2. Spanische Schiffe 2. andere / so Engli=
sche Flaggen führten / mit zwey Prisen hinweg
genommen hätten.
Zu Cuco, und in dem herum ligenden Lan=
de hat die Pest grosse Verwüstung gemacht /
gestalten diese Seuche eine sehr grosse Anzahl
Einwohner / so wol Spanier / als Jndianer /
und unter andern über 250. Priester / hinweg
genommen hätte. Nun hat gemeldte Kranck=
heit zwar daselbst fast gäntzlich aufgehört / sie
hat sich aber desto weiter in das Königreich
ausgebreitet.
Madrid 6. October.
Jhre Königl. Majestäten halten sich noch im=
merhin auf dem Schloß zu Balsain auf / der
erstgeborne Printz / und die Prinzessin seine Ge=
mahlin aber befinden sich noch im dem Escu-
rial, alwo dieselbe den 30 September als am
Fest des Heil. Hieronymi in der Abtey=Kirchen
des Morgens der Predig / und dem hohen Amt /
Nachmittags aber der Vesper / und dem Segen
beygewohnet haben.
Besagter Printz / welcher sich von der einige
Täge herdurch gehabten kleinen Unpäßlichkeit
nunmehro völlig wiederum hergestellet befindet /
hat sich vorgestern aus dem Escurial nach
Bal-
sain erhoben / um alda einige Tage lang zu
verbleiben.
Wie der Holländische Contra Admiral Gra=
ve mit seiner Escadre von Kriegs=Schiffen
letztlich zu Cadix angelanget / hat er von denen
Herren General=Staaten seinen Principalen
alda Befehl gefunden / bis den 15. dieses mit
seinen unterhabenden Schiffen im Meer zu ver=
bleiben.
V⟨on⟩ ⟨L⟩isbon wird berichtet / was massen die
von ⟨unt⟩erschiedlichen dahin handelenden
Na-
tionen alda sich aufhaltende Consules nach
ein=und anderen unter sich gehaltenen Beraht=
schlagungen Jhrer Königl. Majestät eine Bitt=
Schrift / in welcher sie über die zu Verhütung
der Einfuhr verbottener Waaren ergangene Ver=
ordnung einige Vorstellungen machen / über=
reichet haben / sintemalen besagte Verordnung
ihrem Vorgeben nach einige der alten Handels=
Freyheit widerstrebende Clausulen enthalten
solle.
Von Salee / einer im Königreich Fetz gele=
genen Stadt / wird geschrieben / daß seit lan=
ger Zeit dortige Räuber keine genommene Schif
aufgebracht hätten. Mit diesen Briefen wird
das jenige / was letztlich über Ceuta von einem
Aufstand wider den König von Marocco ge=
meldet worden / nicht bestätiget / und hätte
man in denen Landen gedachten Königs eine
gesegnete Ernde an Getraid gehabt / mithin
also kein Mangel mehr alda wäre.
Londen 16. October.
Heut ist der König mit denen jungen Prin=
zessinnen von Kensington im Pallast von St.
James / der Printz und Prinzessin von Galles
aber / mit ihrem jungen Printzen zu Richemond
in ihrem Haus von Leicester zuruck angelangt.
Die grosse Menge der Personen / so täglich
arrestiret werden / und das erschollene Gerücht /
daß in kurtzem annoch ein Bischof mit einem
jungen Hertzogen aus Schottland / samt ver=
schiedenen Gliedern / von der Ober=und Unter=
Cammer des Parlaments / wegen der entdeck=
ten Conspiration in Haften genommen wer=
den soll / und zu dem Ende dann auch viele
Officiers / und Botten / bereits abgesandt wor=
den / ist Ursach / daß verschiedene Personen / sich
alles Ernstes ihrer Actien / und Effecten loß
machen.
Einige machen die Zahl der Conspiranten
dermassen groß / daß man selbige als ungewiß /
und undienlich lieber nicht meldet. Nach al=
len See=Hafen ist abermal Ordre gesandt / auf
alle Reisende wol acht zu geben. Man
bemer=
cket als ewas besonders / daß die
Examini-
rung des Advocaten Laire sehr geheim
zuge=
gangen / auch daß der General=Procureur,
und Soliciteur, wie auch des Königs
Advo-
cat nicht dabey / sondern indessen ausser dem
Gemach haben seyn müssen.
Die Deputirte des Parlamenuts / welches sich
den 20. dieses versamlen solle / fangen nun an
von verschiedenen Provintzien des Königreichs
alhier einzutreffen.
Den 10. ist die Erwehlung eines neuen Lord
Majors dieser Stadt für das künftige Jahr vor
sich gegangen / warbey dann die Torris bey der
Burgerschaft sich ohngemein bemühet / um die
Wahl auf einen von ihrer Partey fallen zu ma=
chen / in der That aber hat sich gezeiget / daß
die Wiggs die Oberhand / und die dieser Par=
tey zugethane Ritter Gerhard Conyers / und
Peter von Elme die meiste Stimmen gehabt /
als nun solches der Burgerey angezeiget / von
der widrigen Partey die Einsamlung der Stim=
men begehrt / dieselbe auch vollzogen worden /
und die Mehrheit der Stimnmen auf Seiten der
Wiggs gebliben / als haben die Aldermann /
obigen Ritter Gerhard Conyers für das künf=
tige Jahr zum Lord Major dieser Stadt er=
wehlet.
Aus Savoyen 23. October.
Das in Diensten des Königs von Sardinien
stehende Schweitzer=Regiment von Hackbrett
ist samt noch einiger Reiterey aus Piemont in
Savoyen herunter gekommen.
Aus Provence ist von der Pest gar nichts
mehr / und aus Languedoc mit sonderbarem
Lieb so viel zu vernehmen / daß die alda
gras-
sirte Pest=Kranckheit nun gäntzlich aufgehört /
und sich in eine Gelbsucht verwandelt habe /
welches für die beste Anzeige gehalten wurde /
daß das ansteckende Ubel gäntzlich verschwun=
den seye.
Paris 17. October.
Den 9. dieses hielte der Päpstl. Nuntius auf
folgende Weise seinen Einzug: fürs erste fieng
die Wacht zu Pferd den Marsch an; darauf
folgte (2.) die Kutsche des Herrn von Saintot,
Introducteur der Ambassadeurs. (3.) Zwey
Kutschen des Printzens von Guise, jedwede von
6. Pferden. (4.) Ein Schweitzer des Nuntii
zu Pferd. (5.) Zwaintzig Lackey dieses
Nun-
tii, mit gelben Tuch / worauf ein blauer
Streif von Sammet auf allen Näten / so auf
beyden Seiten mit einer silbernen Galaunen
besetzet ware / bekleidet / deren Vesten aber wa=
ren von blauen Tuch mit silbernen Borden /
und die Hüte mit silbernen Bändern / und mit
roten / und blauen Feder=Büschen gezieret. (6.)
Vier Edelleute / und ein Stallmeister zu Pferd.
(7.) Vier Pages, ebenfals zu Pferd / mit
blauen sammeten Röcken mit silbernen Galau=
nen besetzt / ihre Vesten waren von blauer Seide
mit silbernen Galaunen. (8.) Die vornehm=
ste Kutsch des Königs / worinnen der Nuntius
mit dem Printzen de Guise, welcher ihn aus
dem Convent von Piquepuces abgeholet hatte /
sich befande. (9.) Die Kutschen von der ver=
wittibten Hertzogin von Orleans / des Her=
tzogs / und der Hertzogin von Orleans / der
Printzen / und Prinzessinnen vom Geblüt / und
des Cardinals du Bois, als ersten Staats=Mi=
nisters alle mit 6. Pferden. (10 Vier vergül=
dete Kutschen des Nuntii, von welchen die er=
ste mit 8. Pferden bespannet ware / die übrige
3. aber mit 6. wovon das Geschirr sehr reich /
und mit roten / weissen / auch blauen Bändern
verzieret ware.
Vor einigen Tagen ist der Bischof von Laon
in einer Post=Chaise nach seinem Bistum abge=
reist / um zu des Königs prächtigem Empfang al=
les behörige zu veranstalten. Er wird an dem
jenigen Ort seines Stifts / wordurch Jhre Ma=
jestät zu passieren haben / Jhro / wie auch
dem Regenten / und der gantzen Hofstatt eine
grosse / und sehr kostbare Mahlzeit
præsenti-
ren / und nach der ihme angebornen Grosmü=
tigkeit auch zu Bezeugung seines für die Ehre
des Königs hegenden Eifers keine Kosten er=
spahren.
Am 16. dieses gegen 6. Uhr des Abends /
kame der König von Versailles alhier im Pallast
der Tuilleries an / empfienge den darauf fol=
genden Morgen die Complimenten von denen
Herren / welche bey seiner Salbung nicht ge=
genwärtig seyn werden; speisete um 10. Uhr /
und gieng des Nachmittags nach Dammartin