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Wiener Zeitung

Nr. 56, 13. Juli 1791

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[1]

Jnländische Begebenheiten.

Wien.

Des Kaisers Maj. mit JJ. JJ. HH.
den Erzherzogen Karl und Leo=
pold
, haben am 28. Jun. des Morgens
Meiland verlassen, und sind nach Padua
gereiset. Des Erzherzogs Ferdinands
K. H. haben Se. Maj. und JJ. KK.
HH. bis nach Canonica, an der Gränze
des Meiländischen Gebiethes, begleitet.

Aus Padua hat man Nachricht, daß
Se. Maj. und. JJ. KK. HH. am 30.
Jun. des Morgens über Verona und Vi=
cenza
daselbst glücklich angekommen sind.

Auf die vorgestern eingegangene Nach=
richt
, daß Se. Maj. der Kaiser auf der
Anherreise begriffen seyn, sind J. Maj.
die Kaiserin, mit des Erzherzogs Franz
K. H. gestern Morgens um halb 8 Uhr

von Laxenburg aus Sr. Maj. entgegen
gereiset. Sie haben vergangene Nacht
zu Bruck an der Mohr übernachtet, und
werden heute Abends in Grätz eintreffen,
um daselbst Se. Maj. zu erwarten.

Der Erzherzoginn Maria Anna, K.
H. höchstwelche durch 6 Wochen mit er=
wünschtem
Erfolge in Baaden das Bad
gebraucht haben, sind gestern frühe, nach
Laxenburg gegangen, und mit der übri=
gen
K. K. Familie in die hiesige Hofburg
zurückgekommen.

Se. K. K. Maj. haben durch Hofde=
kret
vom 8. Julius d. J. den bisher be=
standenen
Zwang zur Anlegung der Fi=
deskommißkapitalien
in öffentliche Fonds,
für die Zukunft gänzlich aufzuheben, zu=
gleich
aber gnädigst zu verordnen geruhet,
daß dergleichen Kapitalien, welche bereits

[2]

in öffentlichen Fonds anlegen, bis auf
allerhöchste weitere Entschliessung, noch
daselbst liegen bleiben sollen. Wien den
10 Julius 1791.

Se. K. K. Maj. haben zu Folge Hof=
Dekrets vom 8. dieses Monaths zu be=
schliessen
geruhet: daß die unter dem 4.
Oktober 1787 für jeden Metzen Körner=
früchte
, welcher vom Auslande nach Un=
garn
eingeführt wird, bewilligte Beloh=
nung
von vier Kreutzern, mit erstem Au=
gust
dieses Jahrs aufhören, jedoch jenen
Parteyen, die sich genugsam ausweisen
können, daß sie eben im Begriffe gestan=
den
sind, die aus der Fremde auf Spe=
kulation
erkauften Früchte, in die Ungar=
rischen
Länder einzuführen, die oberwähn=
ge
Prime bis zu dem mit ersten August
bestimmten Zeitpunkte annoch für ein sol=
ches
Quantum Früchte abgereichet wer=
den
soll. Wien de 10. Julius 1791.

Se. K. K. Maj. haben dem bey der
K. K. Arciern=Leibgarde gestandenen,
wegen vieler Wunden aber an Leibeskräf=
ten
geschwächten, und aus diesem Grund=
de
nun in Ruhestand versetzten Rittmei=
ster
Georg v. Jahn, vermöge K. K. Hof=
kriegsräthlichen
Dekrets vom 24. Junius,
in Rücksicht auf seine langwierige Feld=
kriegsdienste
den Majors=Charakter ad
honores und den diesem anklebenden Ge=
halt
allergnädigst zu verleihen geruhet.

Se. Maj. haben den Joseph Romuald
Stern, galizischen zweyten Kreiskommissar
des Sandeczer Kreises, in Ansehung sei=
ner
in Militär=und Civil=Aemtern er=
worbenen
Verdienste in den galizischen
Adelstand mit dem Prädikate v. Sanber=
gen
, sammt seiner ehelichen Nachkommen=
schaft
beyderley Geschlechts, allergnädigst
zu erheben geruhet.

Von dem jüngsthin erwähnten Siege,
den die Russen bey Babada über die Tür=
ken
erfochten haben, hat man nun durch
Privatbriefe aus Bukarest vom 29. Jun.
nachstehende umständlichere Berichte er=
halten
: Jm Anfange des Junius haben
die Russen durch ihre auf allen Seiten

ausgeschickte Kundschafter erfahren, daß
ein Theil von der Armee des Großweßirs,
an der Zahl von etwann 25000 Mann,
durch Bulgarien nächst Schiumla, der
beängstigten Besatzung in Braila zu Hülf=
fe
eilen, und selbige von den sie ganz um=
ringenden
Russen entsetzen wollten. Da
diese Nachricht mit vielem Grunde dem
kommandirenden Generalen Fürsten v.
Kepnin auch von einer anderen Seite
bekannt geworden war, so säumte der=
selbe
nicht am 3. Junius 9000 Russen
zusammen zu bringen, und auf das ei=
ligste
wider die Feinde zu führen. Am
6. wurde dem Fürsten, der das Korps
selbst kommandirte, hinterbracht, daß sich
der ganze türkische Haufe gegen Tulza
zu wenden anfange und vermuthlich nach
Braila ziehe, weil die Feinde zugleich
einen Transport von beynahe 2000 =
gen
mit Proviant bey sich hatten. Am 7.
endlich br⟨a⟩chte man den Fürsten die Nach=
richt
, daß die Osmanen bey Babada,
einem Flecken nächst Tulza in Bulgarien,
nur etwann höchstens 6 Meilen von der
Festung Braila entlegen ständen. Am 8.
haben die Russen geruhet und sich zum
Streit vorbereitet. Weil sie nur in einer
kleinen Entfernung von den Türken la=
gen
, so brachen sie am 9. Morgens um
3 Uhr auf, und kamen bey dem Orte
Babada den Türken unter das Gesicht,
die von dem Anmarsch der Russen schon
unterrichtet zu seyn schienen, weil sie zu
Fuß und zu Pferde; zum Aufbruch und
Angriff bereitet standen. Kurz hierauf
singen die Kanonen von beyden Sei=
ten
zu spielen, und die Vorposten zu
fechten an. Man kam sich immer näher,
der Feind war heftig, verwegen, und
schien auch dem Kanonenfeuer trotzen
zu wollen; nachdem aber durch das
lebhafte Kartätschenfeuer schon beynahe
600 Türken am Mahlplatze lagen, fing
der rechte Flügel des Feindes an zu wei=
chen
; am linken Flügel fochte die Rußi=
sche
Kavalerie, von der Artillerie unter=
stützet
, mit der feindlichenReiterey. Die=


[3]

ses Gefecht dauerte über 2 Stunden, und
war eines der hartnäckigsten; die Tapfer=
keit
der Russen überwand aber alle Schwie=
rigkeit
, und so wurden innerhalb dieser
kurzen Zeit bey 1500 Türken niederge=
macht
, und wurde der ganz wilde Haufen
zerstreuet. Die Russen haben 23 meßin=
gene
Kanonen, 8 Mörser, über 1000
türkische Flinten und den ganzen Trans=
port
, der für Braila bestimmt war, er=
beutet
, folglich auch den ganzen Vor=
schlag
der Türken vereitelt.

Die Huldigung Sr. Maj. des Kaisers
und Königs, als Herzog von Lothier,
Brabant und Limburg, ist zu Brüssel
am 30. Jun. mit allen dabey sonst übli=
chen
Feyerlichkeiten vor sich gegangen.
Die drey Stände von Brabant, und die
Abgeordneten der Stände von Limburg
haben sich des Morgens in das Königl.
Schloß begeben, um Se. K. H. den
Herzog von Sachsen=Teschen als Be=
vollmächtigten
Sr. K. K. Maj. nach
der St. Gudula=Kirche zu begleiten,
wo Se. K. H. von dem Kardinalerzbi=
schofe
von Mecheln und dem Domka=
pitel
am Eingange empfangen wurden.
Se. K. H. begaben sich unter einem nächst
dem Hochaltare errichteten Prachthimmel
und wohnten dem Hochamte und dem
Veni creator bey, welches der Kardinal=
erzbischof
absang. Nach dem Meßopfer
beschworen Se. K. H. auf das Jhnen
von dem Kardinalerzbischofe dargereichte
Missale, in Sr. K. K. Maj. Nahmen,
die Rechte und Freyheiten der Bra=
banier
Kirche, und hierauf den von dem
Dechante der Kirche vorgelesenen beson=
dern
Eid zur Aufrechthaltung aller der St.
Gudula=Kirche versehenen Rechte und
Freyheiten.

Se. K. H. begaben sich dann von sämmt=
lichen
Ständen, und allen Staats=und
Hofbeamten verleitet, in einen feyerlichen
Zuge nach der Place Royale, bestiegen
die hier zur Huldigung errichtete Bühne
und setzten sich unter den Prachthimmel,
unter welchem des Kaisers Bildniß hing.

Vor demselben stand eine mit Goldstoff
bedeckte Tafel, auf welcher die Zeichen
der K. K. und Herzogl. Würde, das
Missale, und das Kaiserl. Patent über
die Joyeuse Entree, nebst den allerhöchsten
Vollmachten für Se. K. H. , wie auch
die Eidesformeln auf Goldküssen lagen.

Nachdem alles versammelt war, setzte
sich Se. K. H. mit bedeckten Haupte
unter den Thronhimmel. Der Königl.
Rath und erste Wappenkönig geboth
Stillschweigen, und hierauf erklärten
Se. Königl. Hoh. in einer kurzen Anre=
de
, den Gegenstand dieser Versammlung.
Nach der darauf von dem Pensionarrathe
und Greffier der Brabantischen Stände
ertheilten Antwort, las der erste Wap=
penkönig
mit lauter Stimme die von dem
Kaiser Sr. K. H. verliehenen Vollmach=
ten
, und hierauf das Patent über die
Joyeuse Entree und endlich die gewöhn=
lichen
Eidesformeln. Bey dem 34. und
bey dem 59. Artikel nahmen Se. K. H.
(wie auch alle Versammelten) den Hut
ab, und schworen auf das Jhnen von
dem Kardinal Erzbischofe vorgelegte Mis=
sale
. Nach Endigung dieses Eides las
ein Königl. Sekretar den von von Ständen
zu leistenden Eid des Gehorsams und der
Treue. Die Glieder der Stände gingen
nach ihrem Range, eines nach dem an=
dern
vor den Thron, beugten hier die
Knie und schworen durch die Worte: So
wahr mir Gott helfe und seine Heiligen!
Hierauf trat der Wappenkönig hervor und
rufte dreymahl mit lauter Stimme: Es
lebe Leopold II . Kaiser, König von
Ungarn und Böhmen, Herzog von Lo=
thier
, Brabant und Markgraf des h⟨eil⟩.
Römischen Reichs!

Die Deputirten der Provinz Limburg
und des Landes jenseits der Maas, nah=
ten
sich nun auch dem Throne, und nach=
dem
ihr Pensionar Sr. K. H. den für diese
Provinz zu leistenden Eid vorgelesen hat=
te
, ward solcher von Sr. K. H. in die
Hände des Kardinals=Erzbischofs von
Mecheln geschworen, und hierauf legten




[4]

die Deputirten eben so wie die Stände
von Brabant, den Eid ab.

Der Wappenkönig trat dann wieder
vor und rufte dreymahl: Es lebe Leo=
pold
II . König von Ungarn und =
heim
, Herzog von Limburg!

Das Volk wiederhohlte den Freuden=
ruf
. Zugleich ertönten Musikchöre mit
Trompetten und Pauken, eine dreyfache
Salve der Artillerie und die Glocken.
Unter das Volk wurden Gold und Sil=
bermünzen
geworfen.

Nach geendigter Feyerlichkeit wurden
Se. K. H. von den Ständen nach dem
Königl. Schlosse zurück begleitet.

Des Abends waren in der Stadt Be=
leuchtungen
, Feuerwerke und alle Arten
von Freudensfesten. Der Magistrat ließ
unter das Volk Wein austheilen.

Den 6. Jul. sollte die Huldigung als
Graf von Flandern, zu Gent vor sich
gehen.

Ausländische Begebenheiten.

Frankreich.

Die Nat. Vers. hat in der Sitzung am
26. Jun. aus ihrem Mittel die Herren
Cronchet, d Andre und Düport als
Kommissare ernannt, welche sich zu dem
Könige und der Königinn begeben sollen,
um von jeder dieser Königl. Personen ih=
re
Erklärungen über die Umstände ihrer
heimlichen Entfernung aus der Haupt=
stadt
, aufzunehmen, zu Papier zu brin=
gen
, und der Nat. Vers. darüber Bericht
erstatten.

Jn der Sitzung an 27. Jun. erschie=
nen
die drey Kommissare, um über ihre
Sendung Bericht zu erstatten. Hr. Cron=
chet
führte das Wort, und sagte, dem
ertheilten Auftrage zu Folge hätten sich
die Kommissare gestern Abends nach dem
Königl. Schlosse begeben; sie wären gleich
vor den König geführet worden, den sie
allein gefunden hätten; sie hätten Sr.
Maj. das gestern gefaßte Dekret bekannt

gemacht, welches der Grund ihrer Sen=
dung
wäre: der König habe geantwortet,
er versehe sich, man wolle ihn nicht ver=
hören
, aber eine freywillige Erklärung
werde er gerne geben. Diese Erklärung
hätten dann die Kommissare aus des =
nigs
Mund erhalten und geschrieben; der
König habe solche zuletzt laut gelesen, an=
gestrichen
und unterschrieben.

Hierauf fuhr Hr. Cronchet fort,
begaben wie uns zur Königinn: Mada=
me
Elisabeth meldete uns, J.Maj. könn=
ten
uns jetzt nicht verlassen, weil Sie sich
eben im Bade befänden; wir liessen fra=
gen
, zu welcher Stunde wir uns einfin=
den
könnten: die Königinn beschied uns
auf heute um 11 Uhr. Wir haben uns
demnach heute in das Schloß begeben;
wir wurden in der Königinn Schlafzim=
mer
geführt, wo Jh. Maj. allein waren,
und ebenfalls ihre Erklärung mit aller
Bereitwilligkeit gaben.

Die beyden Erklärungen wurden hier=
auf
gelesen:

Erklärung des Königs:

Jch sehe, meine Herren; aus dem
Gegenstande der euch übertragenen Sen=
dung
, daß es hier nicht um ein Verhör
zu thun sey; ich will mich aber dem
Verlangen der Nationalversammlung =
gen
, und nie befürchten, die Beweg=
gründe
meines Benehmens öffentlich be=
kannt
zu machen. Die Ursachen zu mei=
ner
Abreise sind die meiner Familie und
mir selbst am 18. April zugefügten Be=
leidigungen
und Drohungen. Seit dem
haben verschiedene Schriften gesucht, wi=
der
meine Person und meine Familie Ge=
waltthätigkeiten
rege zu machen, und die=
se
Beleidigungen sind bisher ungestraft
geblieben. Von dieser Zeit an habe ich
geglaubt, es wäre nicht mehr sicher noch
anständig für mich, in Paris zu verblei=
ben
. Solchemnach ging mein Verlangen
dahin, diese Stadt zu verlassen. Weil es
nun nicht öffentlich geschehen konnte, so
faßte ich den Entschluß, nächtlicherweise
und ohne Gefolge abzureisen. Nie war




[5]

meine Gesinnung, aus dem Königreiche
zu gehen. Weder mit auswärtigen Mäch=
ten
, noch mit meinen Anverwandten,
noch mit irgend einem aus dem König=
reiche
gewanderten Franzosen habe ich
mich darüber verabredet. Jch könnte zum
Beweise anführen, daß zu Montmedy
Wohnungen zubereitet waren, um mich
und meine Familie aufzunehmen. Die=
sen
Ort hatte ich deßhalb gewählt, weil
er befestiget ist, und meine Familie in Si=
cherheit
gewesen wäre, zugleich aber,
weil er an der Gränze liegt, und ich =
her
zur Hand war, mich jeder Art von
Einfall in das Königreich zu widersetzen,
wenn man es hätte wagen wollen, und
aller Orten selbst, wo sich Gefahr äusser=
te
, mich hinwenden konnte. Kurz, ich
hatte Montmedy für meinen ersten Si=
cherheitsort
bestimmt, bis ich für dienlich
gefunden hätte, mich nach einem andern
Theile des Königreichs zu begeben, der
mit anständig geschienen haben würde.
Als ich Paris verließ, war einer von
meinen Hauptbeweggründen, die Sage zu
widerlegen, daß ich nicht frey wäre,
welches eine Gelegenheit zu Unruhen ge=
ben
konnte. Wenn ich des S⟨inn⟩s gewe=
sen
wäre, aus dem Königreiche zu gehen,
so hätte ich mein Memoire nicht an dem
Tage meiner Abreise bekannt gemacht,
sondern erwartet, bis ich über die Grän=
zen
gewesen wäre. Mein Verlangen war
stäts, nach Paris zurückzukehren, und
in diesem Sinne muß der letzte Ausdruck
meines Memoires verstanden werden, in
welchem steht: Franzosen, und ihr Pa=
riser
insonderheit, welches Vergnügen
werde ich nicht haben, mich mitten unter
euch zu finden. Jn meinem Wagen hatte
ich nur 13, 260 Liv. an Gold und 570, 000
an Assignaten in jener Brieftasche, wel
che mir durch das Departement zurück=
geschickt
worden ist. Erst kurze Zeit vor
meiner Abreise habe ich Monsieur meine
Absicht eröffnet. Er ist lediglich in das
Ausland deßhalb gereiset, weil zwischen
ihm und mir verabredet worden war, daß

wir nicht die gleiche Strasse halten würden,
und er wieder zu mir nach Frankreich
zurückkommen sollte. Wenige Tage vor
meiner Abreise hatte ich den 3 Personen,
die mich als Kurier begleiteten, Befehl
geben lassen, sich Kurierkleider anzuschaf=
fen
, indem sie zu Ueberbringung einiger
Depeschen abgeschickt werden sollten, und
erst Tages vorher hat einer unter ihnen
meinen Befehl mündlich erhalten. Der
falsche Paß war zur Erleichterung mei=
ner
Reise nöthig, und nur deßwegen nach
dem Auslande gestellt, weit auf dem Am=
te
der auswärtigen Geschäfte keine Pässe
für das Jnnere des Königreichs abgegeben
werden. Nie habe sich eine andere Pro=
testation
eingelegt, als in dem bey mei=
ner
Abreise hinterlassenen Memoire. Die=
se
Protestation betrifft nicht die Grund=
sätze
der Konstitution, wie solches der Jn=
halt
des Memoire bezeiget, sondern die
Art der Sanktionen, das heißt die weni=
ge
Freyheit, welche ich zu haben schien,
und daß ich, da die Dekrete nicht zusam=
men
übergeben worden sind, nicht über
den ganzen Zusammenhang der Konstitu=
tion
urtheilen konnte. Der in diesem Me=
moire
enthaltene Hauptvorwurf bezieht
sich auf die Schwierigkeiten in den Mit=
teln
der Verwaltung und Vollstreckung.
Auf meiner Reise habe ich eingesehen, daß
die öffentliche Meinung für die Konsti=
tution
auf eine entscheidende Art gestimmt
ist. Zu Paris hatte ich nie die allge=
meine
Gesinnung ganz erkennen können;
aber aus den auf meiner Reise persön=
lich
gesammelten Kenntnissen habe ich
eingesehen, wie nöthig es ist, zur Auf=
rechthaltung
der Konstitution selbst, der
eingeführten Gewalt Kraft zu geben, um
die öffentliche Ordnung zu handhaben.
Sobald ich den allgemeinen Willen ein=
sah
, habe ich keinen Anstand genommen,
alles, was mir persönlich ist, zu dem
Glücke meines Volkes, das jederzeit der
Gegenstand meiner Wünsche war, aufzu=
opfern
. Alle Unannehmlichkeiten, die
ich ausgestanden haben mag, will ich


[6]

gern vergessen, um den Frieden und die
Glückseligkeit der Nation zu versichern.

Jch erkläre, daß, als der König mit
seinen Kindern abzureisen verlangte,
nichts in der Welt mich würde haben
abhalten können, ihm zu folgen. Seit
2 Jahren habe ich in verschiedenen Um=
ständen
, hinlänglich an Tag gelegt, daß
ich ihn nie verlassen werde. Was mich
noch mehr zur Abreise bewog, war die
Gewißheit, daß der König das Reich
niemahls verlassen wollte, und wenn
er ein solches Verlangen gehabt hätte,
so würde ich mich aus allen Kräften da=
gegen
gesetzt haben. Die Hofmeisterinn
meines Sohnes, welche seit 5 Wochen
krank war, erhielt erst am Tage der Ab=
reise
die Befehle: aber von der Bestim=
mung
der Reise wußte sie nichts, so daß
sie nicht einmahl mit den nöthigen Klei=
dungstücken
sich versehen hatte, und ich
ihr einige leihen mußte. Die 3 Kuriere
wußten weder von der Bestimmung, noch
von dem Zwecke der Reise das mindeste.
Auf dem Wege erhielten sie das Geld
für die Pferde, und die Befehle, was
für einen Weg sie einzuschlagen hätten.
Die beyden Kammerfrauen sind erst im
Augenblicke der Abreise benachrichtiget
worden, und eine davon, deren Ehegat=
te
im Schlosse wohnt, konnte mit ihm
vor ihrer Abreise nicht einmahl sprechen.
Monsieur und Madame sollten in Frank=
reich
wieder zu uns kommen, und sind
bloß deßwegen in das Ausland gegan=
gen
, um keinen Mangel an Pferden auf
den Poststationen zu verursachen. Wir
sind durch die Zimmer des Herrn Ville=
nnier
herausgegangen, und zwar mit der
Vorsicht, daß eines nach dem andern zu
verschiedenen Mahlen ging.

Die N. V. hörte die Vorlesung mit
der größten Aufmerksamkeit an, glaubte
aber keinen Schluß fassen zu können,
bis von den übrigen Personen die Ver=
höre
genommen seyn würden.

Diese wichtige Ereignung beschäftiget

die N. V. in jeder Sitzung, indem darü=
ber
noch täglich Berichte, und aus ver=
schiedenen
Gegenden des Reichs häufige
Addressen einlaufen, die alle denselben
Geist hauchen, der die N. V. belebet,
und alle ihre Schritte mit Lobsprüchen
unterstützen.

Nachdem dieselbe sich das Recht zuge=
eignet
hat dem Dauphin einen Gou=
verneur
zu benennen, so faßte sie darüber
am 28. Jun. ein vorläufiges Dekret ab.
Es soll eine Liste von allen zu diesen
Amte jährigen Bürgern gemacht, und nach
der Mehrheit der Stimmen einer gewählet
werden; die Wahl kann auf keines der
Glieder der N. V. fallen; der Gouver=
neur
soll in die Hände der N. V. schwö=
ren
für die Erhaltung des Lebens und
der Gesundheit des Thronerben auf das
sorgfältigste zu wachen und für dessen
Person zu haften; alle Personen im Dien=
ste
des Thronerben stehen unter der Auf=
sicht
und den Befehlen des Gouverneurs;
nachdem sich die N. V. schon durch ein
früheres Dekret das Recht vorbehalten
hat, die dem Thronerben zu gebende mo=
ralische
, Aussicht und politische Erz=
bung
zu bestimmen, so wird sie nun so=
gleich
sich damit beschäftigen.

Jn dieser Sitzung wird auch beschlos=
in
, daß bis auf weitere Befehle, die
Freyheit aus dem Reiche zu geben, nur
den Fremden und den Handelsleuten,
und auch diesen um unter gewissen Be=
dingungen
gestattet seyn soll.

Der König hatte dem Generalsekretar
des Justizdepartements, Hrn. Düvey=
rier
, am 16. Jun. den Auftrag gegeben,
den von der N. V. um 11. Jun. gefaß=
ten
und von Sr. Maj. im 15. bestätigt=
ten
Schluß wegen des Prinzen v. Conde
demselben zugleich mit einem Königlichen
Schreiben zu bringen, welches ganz im
Geiste der Konstitution verfaßt war, und
seitdem öffentlich erschienen ist: Jn der
Sitzung am 28. zeigte der Justizminister
den N. V. an, Hr. Düveyrier sey in
Morinsbey dem Prinzen v. Conde an=

[7]

gekommen und mit ausgezeichneter Ach=
tung
aufgenommen worden.

Verschiedene Personen hatten schon im
Voraus den Herzog v. Orleans, als Re=
genten
des Königreichs ausgerufen; al=
lein
der Herzog hat in einem Briefe an
den Verfasser der Chronique de Paris in
den allerbestimmtesten Ausdrücken erklärt,
daß er diese Würde, wenn die Umstände
Maßregeln dieser Art erfordern sollten,
nie annehmen werde, daß er aber stäts
bereit sey, nach seinen Kräften dem Va=
terlande
in allen andern Gelegenheiten zu
dienen, die Freyheit und die Gleichheit,
worauf sich jene gründet, zu vertheidi=
gen
und die Pflichten eines guten Bür=
gers
in ihrem ganzen Umfange zu erfüllen.

Der Marquis de Bouille hat nach
seiner Ankunft in Laxemburg ein merk=
würdiges
Schreiben an die Nat. Vers.
durch den öffentlichen Druck erlassen,
welches wörtlich übersetzt, also lautet:

Meine Herren!

Der König hat vor einigen Tagen
den Versuch gemacht, die Ketter zu zer=
brechen
, in denen Jhr ihn und seine un=
glückliche
Familie seit langer Zeit haltet.
Die unergründliche Vorsicht, dem alle Rei=
che
unterworfen sind, und gegen welches
keine menschliche Klugheit etwas vermag,
hat es anders entschieden; erst noch euer
Gefangener, und sein Leben so wie das
Leben der Königinn sind (und ich schau=
dere
darüber) der Willkühr eines Volks
ausgesetzt, das Jhr wild und blutdürftig
gemacht habt, und das der Gegenstand
der Verachtung der ganzen Welt gewor=
den
ist. Es ist für Euch, meine Herren,
für das, was Jhr die Nation nennt, für
mich, endlich für den König selbst, wich=
tig
, daß die Ursachen, welche diese Be=
gebenheit
erzeugte, daß die Umstände, wel=
che
sie begleitet haben, daß der grosse
Zweck, der daraus hat entstehen sollen,
und der dem Könige dieses die und muth=
volle
Vorhaben eingeflösset hat, den Fran=
zosen
und dem ganzen Europa bekannt
werden, und daß man wisse, daß der =

nig, da er aus seinem Gefängnisse ent=
floh
, und bey mir und seinen Truppen auf
der Gränze einen Zufluchtort suchen woll=
te
, weit weniger sein Heil als die Wohl=
fahrt
eines undankbaren und grausamen
Volkes zur Absicht hatte; weder die Ge=
fahr
, dieser laufen konnte, noch die, wel=
cher
er seine Familie aussetzte, nichts
konnte ihn zurückhalten; er gab blos der
Großmuth und der Güte seines Herzens
Gehör.

Da ich jetzt von allen Banden, die
mich an Euch fesselten, befreyt bin, durch
keine Betrachtung mehr zurückgehalten
werde, kurz, da ich frey bin, so will ich
mit Euch die Sprache der Wahrheit re=
den
, die ihr zu hören vielleicht nicht mehr
im Stande seyd, und die Jhr ohne Zwei=
fel
nicht mehr anhören werdet; aber ich
werde alsdann alles erfüllt haben, was
ich meinem Vaterlande, meinem König
und mir selbst schuldig bin.

Jch werde Euch, meine Herren, nicht
an das erinnern, was ihr seit 2 Jahren
gethan habt; ich werde das Gemählde von
der gräulichen Unordnung, worein Jhr das
Königreich gestürzt habt, nicht entwerfen;
aber der König war der Gefangene sei=
nes
Volks geworden; er und seine erha=
bene
Familie waren den blutigsten Miß=
handlungen
ausgesetzt; meinem Souve=
raln
und der Monarchie ergeben, obschon
mit Absehen gegen die Mißbräuche er=
füllt
, die aus einer zu s⟨e⟩hr ausgedehnten
Gewalt, welche der König selbst einschrän=
ken
wollte, entstanden waren, seufzte ich
über die Wuth eines Volks, das Jahr ver=
führet
habt; ich seufzte über die Leiden des
Königs; ich tadelte Eure lächerliche und
unsinnige Vorkehrungen; aber ich hoffte,
daß endlich die V⟨e⟩rnunft ihre Rechte wieder
erhalten, daß der Wahnsinn des Volkes
aufhören, daß die Beschämung der Böse=
wichter
erfolgen, daß die Anarchie, die ihr
nach Grundsätzen eingeführt habt, ihr En=
de
erreichen, daß die Ordnung wiederkehren,
und uns eine Regierung gewähren würde,
die, wo nicht ganz vortreflich, wenigstens


[8]

doch erträglich wäre, und mit der Zeit
besser werden könnte. Das machte mich
alles, was Jhr mich seit dem Anfange
der Revolution empfinden ließt, leiden!
Meine Zuneigung für den König, meine
Liebe für mein Vaterland gab mir den
Muth und die nöthige Geduld, daß ich
die Beleidigungen und die Beschimpfun=
gen
nicht achtete, und die Schande und
Erniedrigung ertrug, mit Euch in Verbin=
dung
zu stehen! Die Zeit hat meine Hoff=
nungen
zerstöhret; ich sah, daß in Eurer
Versammlung kein ⟨Gemein⟩geist herrsche,
daß bloß der Geist derFaktionensie treibe,
und sie in verschiedene Parteyen theile, wo
von die einen Unordnung wollten, unter=
⟨br⟩eiten
, sie sogar veranlaßten, um den
Bürgerkrieg zu erregen, welcher für sie
das einzige Mittel zu ihrer Wohlfahrt =
re
; die andern eine Republik verlangten.
Hr. de la Fayette war an der Spitze die=
ser
Partey, sein schleichender und verbor=
gener
Ehrgeiz leistete ihn zu dem einzigen
Zweck, den er hatte, das Oberhaupt einer
für uns so monströsen Regierungsform zu
werden. Unter diesen Umständen war es,
wo die Klubs entstanden, die vollends das
Volk in allen Theilen des Reichs ver=
darben
, und die Armee zernichteten. Jch
sah also, daß die Anarchie zu ihrem letz=
ten
Zeitpunkt gekommen war, daß der
Pöbel, der durch die Ränkemacher in al=
den
Winkeln Frankreichs geleitet wurde,
unumschränkter Herr geworden, daß kei=
ne
öffentliche Gewalt, mehr vorhanden
war, weil der König nicht allein sein An=
sehen
, sondern auch seine Freyheit verlo=
ten
hatte, daß die Gesetze ohne Macht
und ohne Kraft seyn, daß die Armee
nichts mehr vorstellte, als eine ausge=
lassene
Rotte, die weder Ansehen noch
Oberhaupt erkennt, daß kein Mittel mehr
nötig, die Ordnung wieder herzustellen,
und jede Hülfsquelle verstopfet, jede Hof=
nung
zernichtet sey.

Alsdann geschah es, daß ich dem =
nige
vorschlug, Paris zu verlassen, sich mit
seiner Familie in eine oder die andere

Gränzfestung zu flüchten, wo ich ihn mit
treuen Truppen umgeben würde. Jch
war überzeugt, daß dieser Schritt einige
vortheilhafte Veränderungen in dem Gei=
ste
des Volks bewirken, die Binde, wel=
che
dessen Augen bedeckte, zerreissen, und
die Aufwiegler niederschlagen würde.
Der König und die Königinn setzten sich
standhaft diesem Vorschlage entgegen, und
führten ihr Versprechen an, das sie ge=
than
hatten, in Paris bey der National=
versammlung
zu bleiben. Jch stellte ih=
nen
dagegen vor, daß ein mit Gewalt
erzwungenes Versprechen, sie nicht bin=
den
könne, aber es war umsonst; ich ver=
mochte
ihren Entschluß nicht zu ändern.

Der 18. Febr. gab mir Gelegenheit,
meinen Vorschlag dem Könige zu wieder=
hohlen
. Jch erhielt die vorige Weige=
rung
, es war noch dieselbe Standhaftig=
keit
in seiner Denkungsart; er fürchtete
die Ereignungen, die aus seiner Flucht ent=
stehen
könnten, die Wirkung von der Wuth
des Pöbels, und die Vergrösserung, wenn
es noch möglich ware, der Anarchie und
Unordnung. Jch sage es mit Wahrheit,
die Königinn dachte eben so, und verwarf
alle meine Vorschläge. Jch verlor den
Muth nicht. Jch war überzeugt, daß
die Abreise des Königs das einzige Mit=
tel
war, den Staat zu retten; ich wußte,
daß alle Mächte Europens sich gegen
Frankreich rüsten, daß sie sich bereiten,
mit diesem Reiche Krieg anzufangen, und
in dessen Gebieth einzufallen. Der König
allein, frey mitten unter seinen Truppen,
konnte den Marsch der feindlichen Armeen
aufhalten; das Volk, welches alsdann
ohne Zweifel in Schrecken gesetzt worden
wäre, indem es sich ohne Vertheidigungs=
mittel
gesehen, und wohl gewußt hätte,
daß keine Armee mehr vorhanden ist, daß
die Festungen fast geschleift, daß die Fi=
nanzen
erschöpft sind, daß Papier das aus
dem verarmten Lande entwichene Geld nicht
ersetzen kann, das Volk würde den
wohlthätigen Absichten, des Monarchen


[9]

zuvor gekommen seyn, und sich in seine
Arme geworfen haben.

Nach der Anhaltung des Königs am
28. April, als er nach St. Cloud gehen
wollte, erneuerte ich mein Anliegen bey
ihm nachdrücklicher, indem ich vorstelle=
te
, daß ihm zur Rettung Frankreichs
kein anderer Schritt übrig bleibe, weil
dasselbe durch einen Bürgerkrieg zerrissen,
und durch einen Krieg mit den benachbar=
ten
Mächten zerstückelt werden müßte.
Das Glück, oder vielmehr die Wohlfahrt
des Volkes machte auf sein edelmüthiges
Herz den Eindruck, den ich erwartete, und
er entschloß sich endlich. Es wurde ver=
abredet
, daß ernachMontmedy gehen,
und daß er, sobald er daselbst in Sicher=
heit
seyn würde, den auswärtigen Für=
sten
den Schritt, den er gethan habe,
und die Gründe, die ihn dazu bewo=
gen
, anzeigen, dadurch sie von ihrer
Rache, abzuhalten suchen sollte, bis
eine neue Versammlung, die er zusam=
men
rufen wollte, ihnen die Genug=
thuung
, die sie zu erwarten haben, ge=
geben
, und die Rechte des Monarchen
und auch die Rechte des Volks in Ord=
nung
gebracht haben würde. Eine Pro=
clamation
sollte ein frey gewähltes ge=
setzgebendes
Corps ankündigen; die Aus=
führung
der Hefte, die allein den Wunsch
der Nation enthielten, würde der Arbeit
der Repräsentanten zur Grundlage ge=
dient
haben.

Der König wäre Mittler zwischen
den auswärtigen Mächten und seinem
Volke geworden, und letzteres, zwischen
Furcht und Hoffnung schwebend, zwi=
schen
, der Furcht zu sehen, das Frank=
reich
ein Raub der fremden Armeen,
welche die Gränzen umringen, werde,
und zwischen der Hoffnung die Wider=
herstellung
der Ordnung durch eine in
die Gränzen der Vernunft eingeschränkte
Regierung zu erhalten, würde seine Rechte
und sein Beßtes weisen und aufgeklärten
Männern anvertrauet haben, die den
Wunsch des Fürsten und des Volks er=

füllt haben würden; die Ungerechtigkei=
ten
, die Gewaltsamkeiten, kurz das Reich
der Verbrechen, die unvermeidlich Quel=
le
des Volksdespotismus, würden ohne
Zweifel aufgehöret haben, und vielleicht
würden wir aus dem Chaos, in dem
wir sind, die schönen Tage des durch
die Fackel der Freyheit erleuchteten fran=
zösischen
Reichs haben entstehen sehen.
Das ist, was Euer unglücklicher Mo=
nach
wollte. Wider Euren Willen,
ungeachtet der Undankbarkeit und Grau=
samkeit
dieses wilden Volkes, wollte er
noch dessen Wohlfahrt. Dieser Gedanke
allein, dieses schöne Verlangen war es,
was den kühnen Schritt, den er gethan
hat, bestimmte, und wobey er die Wach=
samkeit
des Hrn. de la Fayette hinter=
ging
, sich der Wuth seiner Wächter
aussetzte, und seine Schritte zu mir
lenkte.

Kein anderer Bewegrund hat ihn ge=
leitet
. Aber Eure Verblendung hieß Euch
die schützende Hand zurückstossen, die er
Euch reichete; die Zerstörung des Fran=
zösischen
Reiches wird bald daraus ent=
stehen
.

Glaubt mir, meine Herren! die Für=
sten
Europens erkennen, daß sie und ih=
re
Völker von dem Ungeheuer bedrohet
werden, daß ihr geboren habt. Sie
sind bewaffnet, es zu bekämpfen, und
bald wird unser unglücklicher Vaterland
(denn ich gebe ihm noch diesen Nahmen)
nichts als eine Scene von Zerstörung
und Schrecken darstellen. Mir sind die
Vertheidigungsmittel, die ihr entgegen
zu setzen habt, besser als sonst jemand
bekannt. Sie sind nichts. Jede Hof=
nung
würde ungegründet seyn. Es in
nicht mehr Zeit, Euch zu hintergehen,
Es ist vielleicht nicht mehr Zeit dem
Volke die Augen zu öffnen, das Jhr so
strafbar betrogen habt, und von dem
Jhr gerecht und strenge werdet bestrafet
werden. Eure Züchtigung wird der Nach=
welt
zum Beyspiele dienen, die Euch
ewig verwerfen wird, Euer Vaterland


[10]

gemordet zu haben, dessen Dauer Jhr auf
Jahrhunderte hätten erstrecken können,
dessen Schicksal Jhr gründen und ver=
schönern
konntet.

So muß ein Mann mit Euch spre=
chen
, der nichts von Euch zu erwarten
hat, dem Jhre anfänglich Mitleiden einge=
flößt
habt, und der für Euch, und das
barbarische Volk, das Jhr mit Laster=
thaten
berauscht habt, nichts weiter em=
pfindet
, als Verachtung, Widerwillen
und Abscheu.

Uebrigens beschuldiget niemand eines
angeblichen Komplots, und einer Ver=
schwörung
gegen das, was Jhr die Na=
tion
nennt, und gegen Eure höllische Kon=
stitution
. Jch habe alles eingeleitet, alles
angeordnet und alles befohlen. Der =
nig
selbst hat die Befehle nicht gegeben,
sondern ich allein. Diejenigen, welche
sie ausführen sollten, wurden erst in dem
letzten Augenblicke davon unterrichtet,
wo sie den Gehorsam nicht mehr versa=
gen
konnten. Gegen mich allein muß
Eure blutdürftige Wuth gerichtet, müssen
Eure Dolche gespitzt, und Eure Gifte bereit=
tet
seyn. Jch habe mein Vaterland retten
wollen. Jch wollte den König und seine
Familie retten; das ist mein Verbrechen.
Jhr müßte für ihr Leben haften, nicht mir,
sondern allen Königen, und ich kündige
Euch an, daß, wenn man ihnen nur ein
Haar von ihrem Kopfe nimmt, so wird
in kurzem kein Stein auf dem andern in
Paris mehr stehen. Jch kenne die We=
ge
; ich werde die fremde Armeen dahin
führen, und Jhr selbst sollen mit Euren =
pfen
verantwortlich seyn. Dieses Schrei=
den
ist bloß der Vorläufer von dem Ma=
nifeste
der Souveraine Europens, die
Euch mit deutlichern Buchstaben sagen
werden, was Jhr zu thun, oder was
ihr zu befürchten habt.

Gott befohlen, meine Herren! ich
schliesse ohne Komplimente: meine Ge=
sinnungen
sind Euch genug bekannt.

Luxemburg, den 26. Jun. 1791.

Marquis v. Bouille.

Rußland.

Aus Petersburg wird unter dem 6.
Jun. geschrieben: Der ausserordentliche
Großbritannische Gesandte, Hr. Hawke=
ner
, und Hr. Carteret, der ihn beglei=
tet
, sind zwar am 1. d. M. der Kaise=
rinn
zu Czarako=Zelo, und hierauf auch
dem Großfürsten und der Großfürstinn
vorgestellt worden, haben auch die Eh=
re
gehabt, mit andern fremden Ministern
den Abend mit der gesammten Kaiserl.
Familie bey einem Hofballfeste zuzubrin=
gen
, womit des jungen Großfürsten Ale=
xander
Geburtsfest gefeyert wurde; aber
man muß hinzusetzen, daß sie bloß wie
Privatpersonen vorgestellt worden sind,
und Hr. Fawkener noch nicht in den
Fall gesetzt worden ist, seinen Charakter
als ausserordentlicher Gesandter Sr. Groß=
brit
. Maj. zu entwickeln, auch dazu noch
kein Anschein vorhanden ist. Seine Un=
terhandlungen
zeigen also für den Frie=
den
noch keine günstigen Aussichten,
obschon der Dänische Hof fortfährt für
dessen Erhaltung sich aus allen Kräf=
ten
zu verwenden, und bisher der Däni=
sche
Minister, Hr. v. Rosenkranz, Be=
fehl
hat, den alliirten Mächten beyzu=
treten
, um die Herstellung des Friedens
zwischen Rußland und der Pforte zu
bewirken. Bisher ist jedoch immer
noch wenig Anschein, daß man es dahin
bringe, am wenigsten vor Eröffnung des
Feldzugs. Der General Rachmanoff, ei=
ner
derjenigen Generale, auf welche der
Feldmarschall, Fürst Potemkin, ⟨se⟩in
größtes Vertrauen in den Unternehmung=
gen
gegen die Türken setzet, soll dieser
Tagen zur Armee an der Donau abge=
hen
, da bereits die Befehle an dieselbe
ergangen sind, so bald es die Jahreszeit
zuläßt, dort die Feindseligkeiten zu un=
ternehmen
. Der Fürst Potemkin, heißt
es, wird nächstens folgen. Doch der
General Soltikow, und die übrigen Ge=
nerale
, welche zur Armee in Liefland
bestimmt sind, halten sich noch ruhig in
Petersburg auf.


[11]

Wien.

Meteorologische Beobachtungen
auf der k. k. Sternwarte.

Vom 5. bis 12. Juli.

Barometerstand.

Täg. ǀǀ 8 Uhr früh ǀǀ 3. nachm. ǀǀ 10 U. abend
Den ǀǀ Zoll ǀ Lin. ǀǀ Zoll ǀ Lin. ǀǀ Zoll ǀ Lin.
5 ǀǀ 27 ǀ 9⅓ ǀǀ 27 ǀ 10 ǀǀ 27 ǀ 10½
6 ǀǀ 27 ǀ 11 ǀǀ 27 ǀ 11⅓ ǀǀ 27 ǀ 11⅔
7 ǀǀ 27 ǀ 11 ǀǀ 27 ǀ 11 ǀǀ 28 ǀ 0
8 ǀǀ 27 ǀ 11½ ǀǀ 27 ǀ 11 ǀǀ 27 ǀ 10
9 ǀǀ 27 ǀ ǀǀ 27 ǀ ǀǀ 27 ǀ 8
10 ǀǀ 28 ǀ ǀǀ 27 ǀ 9 ǀǀ 27 ǀ 10
11 ǀǀ 27 ǀ 9 ǀǀ 27 ǀ 8 ǀǀ 27 ǀ 7⅔

Reaumur'scher Thermometerstand.

ǀǀ Grad ǀǀ Grad ǀǀ Grad
5 ǀǀ 15 ober 0 ǀǀ 18 ober 0 ǀǀ 16 ober 0
6 ǀǀ 14 ǀǀ 16 ǀǀ 13
7 ǀǀ 15¾ ǀǀ 18 ǀǀ 11½
8 ǀǀ 15 ǀǀ 19 ǀǀ 16
9 ǀǀ 18 ǀǀ 21 ǀǀ 13
10 ǀǀ 13½ ǀǀ 16 ǀǀ 12
11 ǀǀ 13 ǀǀ 18 ǀǀ 14

Anzeige des Windes.

5 ǀǀ W. mitelm. ǀǀ W. mitelm. ǀǀ Windstill
6 ǀǀ Windstill ǀǀ Windstill ǀǀ N. W. klein
7 ǀǀ ǀǀ Sud klein ǀǀ Windstill
8 ǀǀ ǀǀ Windstill ǀǀ
9 ǀǀ West klein ǀǀ W. mitelm. ǀǀ West klein
10 ǀǀ ǀǀ West klein ǀǀ
11 ǀǀ S. O. klein ǀǀ S. S. O. kl. ǀǀ Windstill

Getreidepreis von Wien.

Vom 4. bis 9. Juli.

Der Metzen ǀ ǀ ǀ ǀ Groschen.
Weitzen ǀ von ǀ 70 ǀ bis ǀ 82
Korn ǀ von ǀ 40 ǀ bis ǀ 50
Gersten ǀ von ǀ 40 ǀ bis ǀ 48
Haber ǀ von ǀ 23 ǀ bis ǀ 36

Nachricht.

Es ist bereits durch das allerhöchste
Patent vom 15. September des J. 1752
aller unbefugte Verkauf des Arsenik, des
gelben und weissen Hüttenrauchs, und
anderer was immer für Nahmen haben=
der
Giftgattungen, unter schwerer Ver=
antwortung
verbothen, auch ist die Vor=
sicht
, unter welcher dergleichen Giftgat=
tungen
in Fällen, wo sie unentbehrlich
sind, zur Arzeney des Hornviehes, von
den hierzu befugten Materialisten, in den
bestimmten Städten und Marktflecken,
abgegeben werden dürfen, umständlich be=
schrieben
, vorzüglich aber auf die Hausi=
rer
und sogenannten Kracksenträger, die
meistens sich mit dem Giftverkaufe ab=
geben
, ein obachtsames Aug zu halten,
und im Betretungsfalle selbige nach ab=
genommenen
Gifte, und nach Beschreibung
ihrer Waaren, landgerichtlich anzuhal=
ten
, angeordnet worden.

Jn Folge dieses höchsten Patents wur=
de
der unbefugte Giftwaarenverkauf in
dem allgemeinen Gesetzbuche vom Jahre
1787, unter die politischen Verbrechen ge=
zählt
, und auf solchen bey unmittelbar
zugefügten Schaden, anhaltendes har=
tes
Gefängniß, oder öffentliche Arbeit,
bey entfernter Gelegenheit zu Beschädi=
gung
aber, zeitliches strengere Ge=
fängniß
bestimmt.

Nachdem jedoch vielfältige Erfahrung=
gen
gezeigt haben, daß ungeachtet dieser
gesetzlichen Verordnungen sich doch immer
einige fremde Hausirer hier und da ein⟨ge=
schlichen
, und zur vorgeblichen Ausrot=
tung
der Fliegen, Mäuse und Ratten,
allerley Giftgattungen, und besonders Ar=
seik
an das Landvolk verkauft haben,
wodurch mehrere Unglücksfälle entstan=
den
sind, deren Urheber als unbekannt,
nur sehr selten oder gar niemahls ent=





[12]

deckt, und zu der verdienten Bestra=
fung
gezogen werden konnten: so haben
Se. Maj. vermittels Hofentschliessung
vom 27. May dieses Jahrs allergnädigst
zu befehlen geruhet, daß künftighin zur
wirksamen Verhütung alles Unfugs die=
ser
Art, und zu desto sicherer Vorbeugung
der hieraus entstehenden Unglücksfälle,
nicht nur derjenige, der ohne dazu, ver=
möge
des obangeführten Patents vom 15.
September 1752, befugt zu seyn, ein
Gift, von was immer für einer Gat=
tung
, verkauft, sondern auch derjenige
der von solchen unbefugten Händlern sel=
bigers
in was immer für einem Betrage
einkauft, mit der obgedachten in dem Kri=
minalgesetzbuche
§. 21. festgesetzten Be=
strafung
, unnachsichtlich belegt werden
soll.

Jn Folge dieser allerhöchsten Entschlies=
sung
wird sich demnach Jedermann, bey
sonst unausbleiblicher Bestrafung, zu =
ten
wissen, von keinem Krämer, Hausirer,
Kracksenträger, oder was immer für ei=
nem
nicht unter die durch das oftange=
führte
Patent gehörigen, eigends zum
Giftverkauf berechtigten Händler, irgend
eine Giftgattung zu erkaufen. Wien den
17. Junius 1791.

Verordnung.

Vermöge höchsten Hofdekrets vom 1.
des gegenwärtigen Monaths, sind nun=
mehr
, nach hergestellten Ruhe in den Nie=
derlanden
, den dortländigen Erzeugnis=
sen
, die zu deren Einfuhr in die erblän⟨=
dischen
Provinzen in der Zollordnung vom
Jahre 1788 bewilligten Zollbegünstigun=
⟨gen⟩
wieder auf eben dieselbe Art, wie
〈…〉 vor den entstandenen Unruhen üb=
lich
waren, gegen die in erwähnter Zoll=
ordnung
vorgeschriebenen Legitimations=
Vorschriften zugestanden, auch hiernach
sowohl die Niederländischen Mauthämter,
bis die in den Erbländern befindlichen
Zollbehörden angewiesen worden. Wien
den 8. Julius 1791.

Verstorbene zu Wien.

Den 6. Juli. Jn der Stadt.

  • Dem Hrn. Christoph v. Nako, Hr. d. Herrs. groß
    St. Miklosch ꝛc. u. griechis. Handelsm. s. Fr.
    Gem. Sophia, geb. Freyin Sezojetz v. Helden=
    feld
    , alt 27 J. in s. H. am alt Fleischm N. 741.
  • Dem Carl Mayrhofer, bürg. Spengler, s. W.
    Elis. alt 43 J. in der Naglerg. N. 195.
  • Dem Joh. Bogner, herrs. Bedient. s. K. Anna,
    alt 1 J. in d. ob. Bäckerst. N. 783.

Vor der Stadt.

  • Dem Hrn. Hans Freyhrn. v. Hirschfeld, s. K.
    Hans, alt 2 J. auf d. neu Wieden N. 397.
  • Dem Hrn. Joh. Edl. v. Ramfaing, Arcessist v.
    d. k. k. böhm. u. österr. Hofkanzl. s. K. Anton,
    alt 1 J. in d. Leopoldst. N. 250.
  • Dem Hrn. Georg Raminger, Grundrichter, s. K.
    Georg, alt 6 J. am Hundsth. N. 46.
  • Dem Sebast. Huber, bürg. Schuhmach. s. K. Jo=
    sepha
    , alt 3 J. auf der Landstr. N. 427.
  • Dem Hrn. Dominik Jantz, kr. Hofschauspieler,
    s. K. Aloys, alt 3. J. zu St. Ulrich N. 34.
  • Dem Georg Westermayr, herrs. Lustgärtn. s. K.
    Anton, alt 5 J. in der Alstervorst. N. 23.
  • Dem Philipp Lanzinger, Schnallenmach. s. K.
    Joh. alt 9 J. am ob. Neustift N. 50.
  • Dem Mart. Volk. k. k. Landrecht. Gerichtsdien.
    s. K. Joh. alt 1 J. in d. Josephst. N. 106.
  • Dem Christoph Rohenhofer, Grabltrager, s. K.
    Christoph, alt 2 J. zu Mariah. N. 64.
  • Elis. Ettmann, Schneidermeist. Wit. alt 62 J.
  • Anna M. Bergbeyr, Webermeist. Wit. alt 64 J.
    bede b. Elisabet.
  • Mich. Kugler, Unterkanon. alt 23 J. im Militsp.
  • Anna Aler, Kutsch. Wit. alt 60 J. im allgem.
    Krankenh.
  • Franz Smekal, Schneid. alt 32 J.
  • Cath. Mayer, Wäscher alt 30. bede in. Siechnh.
  • Summa 18 Personen, darunter 10 Kinder.
  • Den 7. Juli. Jn der Stadt.
  • Georg Hollermann, bürg. Schneidermeist. alt
    38 J. am Franziskanerpl. N. 951.

Vor der Stadt.

  • Dem Andre Gaderer, bürg. Kuchelgart. s. K. Joh.
    alt 1 J. in d. Leopoldst. N. 337.
  • Dem Albert Sieg, Pferdhandl s. Stiefs. Matth.
    Hampel, alt 12 J. auf d. neu Wien N. 164.
  • Hr. Patrizius Weber, pens. Extrinitar. alt 55 J.
    in der Josephst. N. 91.
  • Jos. Pointner, Zeugmach. alt 56 J. am Neustift
    N. 33.
  • Dem Laur. Stacher, Zimmerm. s. K. Peter, alt
    1 J. in der Leopoldst. N. 39.
  • Gottlieb Endtner, Todtentrag, alt 47 J. in der
    Leopoldst. N. 113.



[13]
  • Jos. Seelmoser, Maler, alt 61 J. am Neust N 28.
  • Jos Waldvogl, gew. Krankenwart. alt 63 J. zu
    St. Marx.
  • Josepha Rötz, Dienstm. alt 30 J.
  • Sophia Schrey, Tagl. W. alt 67 J. beede im
    Siechenh.
  • Summa 11 Personen, darunter 2 Kind.

Den 8. Juli. Jn der Stadt.

  • Niemand.

Vor der Stadt.

  • Dem Hrn. Mart. Carl Keller, d. äuß. Raths, n.
    bürg. Stokatorer, s Fr. Anna M. alt 50 J.
    in s. H. in d. neu Schotteng. N. 61.
  • Dem Jos. Bayer, Kassier, s. K. Rudolph, alt 1
    J. in d. Leopoldst. N. 218.
  • Dem Math Hofinger, herrs. Bedient. s. T. Jo=
    hanna
    , alt 26 J. zu St. Ulrich N. 22.
  • Dem Jos. Lipscher, herrs. Kutscher, s. K. Jose=
    pha
    , alt 1 J. in d. Währingerg. N. 118.
  • Anna M. Speckerl, Grabltrag. Wit. alt 81 J.
    am ob. Neustift N. 326.
  • Der Anna M. Spechtenhaufer, Schneid Wit.
    i. T. Maria A. alt 19 J. am Neustift N. 54.
  • Agatha Wallner, Kuchelgartnerkn. Wit. alt 86 J.
    in d. Leopoldst. N. 293.
  • Dem Jos. Erf, bürg. Schneidermeist. s. K. Jos.
    alt 9 J. zu St. Ulrich N. 11.
  • Dem Barthol. Stadter, Schneid. s. K. Barthol.
    alt 1 J. am Hundsth. N. 24.
  • Dem Joh. Wipler, Weber, s. K. Cath. alt 1 J.
    zu Margaret. N. 113.
  • Cath. Hofbauer, Bandelkram. Wit. alt 80 J. im
    Lerchenf. Nr. 57.
  • Joh. Grätz, Friseur, alt 42 J. im allg. Krankenh.
  • Jgnaz Fruhwirth, Schuhmach. a. 25 J. i. Siechh.
  • Summa 13 Personen, darunter 5. Kind.

Den 9. Juli. Jn der Stadt.

  • Mar. Stanislau Stögmar, Chorfr. a. d. Ursu=
    linerord
    . a. 37 J. in ihr. Klost. i. d. Johannesg.

Vor der Stadt.

  • Anna M. Reichhalter, bürg. Uhrgehäusmach.
    Wit. alt 56 J. am Spitalb. N. 135.
  • Eva Löw, Schneid. Wit. alt 90 J. am Spitalb.
    N. 58.
  • Dem Math. Manzenreiter, Schifkn s. K. Math.
    alt 5 J. in der Rossau N. 18.
  • Dem Leop. Fink, Tagl. s. K. Rosina, alt 1 J. zu
    Nikolsd. N. 19.
  • Theresia Blünzl, herrs. Zimmerwart. Wit. alt
    85 J. in der Josephst. N. 96.
  • Barb. Mayer, Gartn. Wit. alt 82. J. in der Jo=
    sephst
    . N. 105.
  • Cath. Sieder, Bauernswit. alt 84 J. zu Mar=
    geret
    . N. 109.
  • Jos. Kires, Schreib. alt 70 J. im Lichtent. N. 65.
  • Dem Jgnaz Schlög, Tagl s K. Anna, alt 2 J.
    am Thury N. 45.
  • Dem Jos. Gebhart, Tagl. s K. Joh. alt 3 J. am
    Himmelpfortgr. N. 1.
  • Dem Wolig. Hörman, Tagl. s. S. Mich. alt 10
    J. auf der Wieden N. 152.
  • Dem Mich. Baumgartner, Tagl. s. K. Theresia,
    alt 1 J. zu Erdberg N. 70.
  • Barb. Anker, Soldat. Wit. alt 64 J.
  • Jos. Holl, Feldscherer, alt 48 J. bede im allgem.
    Krankenh.
  • Jakob Mesel, Schuhmach. alt 53 J.
  • Anna Turner, Köchin, alt 56 J.
  • Joh. Pipel, Schuhmach. alt 63 J.
  • Jakob Worzack, Tagl, alt 72 J.
  • Anna Wolfbeiß, Hauerswit. alt 79 J. alle 5 im
    Siechenh.
  • Summa 20. Personen, darunter 5. Kinder.

Nachricht.

Den 5. dies ist bey Grafenegg in U. Oe.
in der Donau eine Weibsperson tod gefunden
worden: sie war von mitteren Statur, bey=
läufig
50 Jahr alt, hatte etwas graue Haa=
re
und fast keine Zähne; an Kleidungsstü=
cken
hatte sie sonst nichts mehr am Leib, als
ein schwarz tuchenes Röckel. Welches den
Theilnehmenden zur Wissenschaft hiemit be=
kannt
gemacht wird. Wien den 12. Juli
1791.

Nachricht.

Die Erscheinung der aufrecht lodernden
Flamme des berühmten Kircherianischen Lich=
tes
in freyer Luft erreget so auszeichnenden
Beyfall und Verwunderung, daß sowohl von
Seite eines höchsten und hohen Adels, als
fremder und hiesiger distinquirter Kenner und
Schätzer der Zuspruch noch immer sehr zahl=
reich
ist. Und da der Geist eines lebenden
Menschen mit allen den Bewegungen der Au=
gen
des Mundes, der Muskeln ꝛc. die Ver=
nehmung
seiner Sprachorgane, auch eines Ge=
sangs
selbst aus dem Munde des Luftgeistes,
dann die Beleuchtung der Lufterscheinung des
Todenkopfes bey brennenden Lichtern und Wax=
fackeln
alles zum tiefen Erstaunen hinreißt, folg=
bar
den Zuspruch versiehet, so machte es der
Fall oft nothwendig; daß ein und andere di=
stinquirte
Personen, oder auch ganze Gesell=
schaften
oft erst in 6 bis 7 Tagen nach besche=
hener
Anmeldung des Namens und Charakters
bedienet werden konnten. Eben deswegen
wird hiemit dieser Umstand zu dem Ende
erinnert, damit nicht etwa so ein längeres






[14]

Zuwarten ungleich ausgedeutet werden =
ge
. Wo übrigens hohen Herrschaften und rei=
senden
Fremden noch immer frey steht, jede
Stunde des Tages oder des Abends, gegen
vorläufige Anmeldung sich selbst zu bestimmen,
um diese wunderbarer, theils noch nie gesehene,
theils so äußerst seltene Luftexperimente des un=
schätzbaren
Kircherianischen Spiegels in Augen=
schein
zu nehmen. Der Ort ist in der Kärnt=
nerstrasse
am Eingange der Himmelpfortgasse
gleich rechts im neugebauten Eckhause Nr. 992
im ersten Stock.

Nachfrage.

Anna Maria Knauerin, eine Garnhändlerin
aus Preußisch=Schlesien von Seitendorf in
Frankensteiner Kreis, bey etlich 60 Jahr alt,
und von kleiner Statur, hat sich zu anfangs
May d. J. mit noch zwey Reisegefährtinnen,
willens nach Mariazell in Steuermark, und
nachhen hierher nach Wien zu ihrem Soh=
ne
zu reisen, auf den Weg begeben, allein
Schwachheits halber auf der Strasse durch
Mähren über Znaym liegen geblieben. Da
nun selbe weder zu Hause zurück, noch hierher
nach Wien gekommen ist, so wird jedermann,
der von obbenannter Anna Maria Knauerin
eine Wissenschaft haben möchte, gebethen, es
ihrem Sohne Anton Knauer, burgl. Schuh=
machermeister
, in Wien in der Leopoldstadt
im Welischen Haus Nr. 372 zu wissen zu
machen.

Verlohrnes Schreibbüchlein.

Den 11. July vormittag um 9 Uhr ist ein
von rothem Leder, mit einem Bändel zuge=
bundenes
schon abgetragenes Schreibbüchlein
vom alten Fleischmarkt, durch die Durchhäu=
ser
, dem Kölnerhof, schmeckenden Wurm, über
den St. Stephansfreydhof, durch die Singer=
strasse
bis zu den Franciskanern verlohren wor=
den
, in welchem einige geschriebene ungarische
Briefe und andere Schriften waren, welche
dem Finder keinen Nutzen, wohl aber dem Be=
sitzer
bringen. Der redliche Finder wird ge=
beten
selbes gegen eine gute Belohnung zum
weissen Wolfen am alten Fleischmarkt beym
Wirth abzugeben.

Geld anzulegen wird gesucht.

Da die k. k. bestättigte Societät des Be=
eamtenwittwenpensionfondes
alle halbe Jahre
bey 4=5=und nach Umständen auch mehrere
tausend Gulden mit Sicherheit auf Häuser,
oder Landgüter anzulegen hat, so wollen die=
jenige
, welche ein derley, ohne wichtiger Ur=
sache
nicht so leicht aufkündbares, Capital,

gegen billige und gesetzmäßige Perzenten, auf=
zunehmen
gedenken, für heuer den 15. Juli,
in Hinkunft aber jedesmal mit Anfang des
Monats Jäner und Juli bey den Hauptkas=
ster
Herrn Mayer, wohnhaft bey St. Anna
in der Josephstadt Nr. 91 im zweyten Stock
sich anzumelden belieben.

Nachricht.

Man ist entschlossen, das Ständische Thea=
ter
in Laybach für den künftigen Herbst und
Winterszeit an eine gute deutsche Schauspie=
lergesellschaft
zu überlassen. Jene Jmpressa=
rien
also, welche dieses Theater zu überneh=
men
gesinnet sind, haben sich bey dieser Stän=
dischen
Theatraldirektion bis 15. August d.
J. schriftlich zu melden, ihre Gesellschaft in=
dividuel
nahmhaft zu machen, und ihre Be=
dingnissen
, gegen welche sie das Theater über=
nehmen
wollen, vorzulegen. Laybach den 25.
Juni 1791.

Friedrich Gürtler,

burgerl. Miederschneider, empfiehlt seine Ge=
schicklichkeit
in allen Gattungen Mieder allen
Damen in und außer Wiens, wie auch allen
Frauenzimmern, indem sein verstorbener Va=
ter
die Gnade hatte bey Maria Theresia Zei=
ten
in die 30 Jahre alle kaiserl. Mieder mit
aller Zufriedenheit zu verfertigen, und er auch
itzt noch wegen seiner guten Arbeit alles Lob
erhält; absonderlich wird ihm nicht einer bey
schief gewachsenen Leibern seine Geschicklich=
keit
streitig machen. Dermal logiert er noch
am hohen Markt im Nothhelferischen Haus
Nr. 424 im letzten Stock, 14 Tag nach Mi=
chaeli
aber auf der Fischerstiege Nr. 430 ne=
ben
dem grossen Christoph im ersten Stock
links über das Gangel.

Nachricht.

Franz Graßl, Porzelain=Handler, hat bey
Gelegenheit der gegenwärtigen Margarethen
Markzeit mehrmal die Ehre anzuzeigen, daß
ihm vermög höchster Entschliessung der Ver=
schleiß
des aus hiesiger k. k. Porzelainfabrique
beziehenden Porzelains in einem eigends hier=
zu
offen haltenden Gewölbe mit aushangender
Tafel gestattet worden; zu welchem Ende der=
selbe
am Hof Nr. 312 in dem Gabiratischen
Hause unweit der kleinen Weintraube ein hier=
zu
gewidmetes Handlungsgewölb errichtet hat,
und das ganze Jahr hindurch offen halten wird.
Er schmeichelt sich um so mehr mit einem güti=
gen
Zuspruch, da man nicht allein alle Gat=
tungen
Wienerporzelain in seinem Handlungs=
gewölbe
um die billigste Preise finden, sondern








[15]

auch vor aller Verfälschung der ausser der k.
k. Fabrique etwa heimlich bemalt und vergol=
deten
Ordinaireporzelains gesichert seyn wird.
Nebstbey erbietet er sich auch, auf verschiedene
Gattungen feinen Porzelains (welche etwa nicht
in seinem Verkaufsgewölbe vorfindig wären)
Bestallungen anzunehmen, und durch baldmög=
lichste
Bedienung, wie auch billigste Preise das
Zutrauen des verehrlichen Publikums zu ver=
dienen
.

Forte Piano .

Jn der hintern Schenkenstrasse im Graf
Radastischen Haus Nr. 51 ist ein grosses
Forte piano zu verkaufen. Die Kauflustige
belieben sich deshalb bey dem Portier alda
anzufragen.

Forte piano .

Es sind zwey schöne Forte piano zu ver=
kaufen
, ein kleines und ein grosses. Kauflu=
stige
können sich deshalb in der Goldschmiede=
gasse
im Sperlischen Haus Nr. 540 auf der
hintern Stiege im zweyten Stock melden.

Forte piano .

Ein grosses Forte piano von einem guten
Meister ist in der obern Bäckenstraß Nr. 790
im 3ten Stock um billigen Preis täglich zu
verkaufen.

Kaspar der Fagottist, oder die Zauberzieher.
Eine Maschinenkomedie, mit Arien und Chö=
ren
, die Musik ist von Hrn. Kapellmeister Mül=
ler
; aus welcher folgende Stücke beym Klavier
zu singen, in der Lanschischen Musikalienhand=
lung
, in der Weihburggasse Nr. 959 dem Gei=
genmacher
gegenüber zu haben sind, als:

L'Obertura 32 kr.

Der Lenz beliebt die Natur, Duetto Tenor e
Basso 〈…〉 kr.

Die Mädeln, die Lieb, und der Wein, Aria
B. (o Pizzich! o Pizzichi! blas an statt
meiner Fagott.) 16 kr.

Jhr guten lieben Leutchen hört, Romanze, T.
mit der Zither. 20 kr.

Ein Walzer erhitzet den Kopf, und das Blut,
Aria B . der Tanz. 20 kr.

Lieber Kaspar lehr mich's doch, Duetto T. e
B . die Lection auf dem Fagott. 20 kr.

Halt das Maul verdammte Zither, Terzetto,
am Baum. 〈…〉 kr.

Prinz die Seiten wohl gespannt, Cavatina
Soprano (schlagt die Zither, und blast Fa=
got
.) 8 kr.

Das Heibelanpeidel, beym Einschlafen an der
Tafel. 〈…〉 kr.

Musikalienankündigung.

Da schon verschiedene Arien aus der belieb=
ten
Maschinenkomödie, Der Fagotist, vom
Hrn. Kapellmeister Wenzl Müller, unter das
Publikum ausgegeben werden, welche, indem
sie unrechtmässiger Weise an den Besitzer ge=
kommen
, nothwendig falsch und inkorrekt seyn
müssen, so hat man es für nöthig befunden
selbe in Quartetten auf Pränumeration aus=
zugeben
, welche auch bis zu Ende des Monats
July offen bleibt, und gegen Zurückstellung
der Scheine für 5 fl. bis 16. Augusti abgege=
ben
werden. Wer die Arien auf das Clavier
verlangt, beliebe dieselben zu bestellen. Auch
sind Duetten aus dem Sonnenfest der Bra=
minen
auf 2 Flauten gesetzt, für 1 fl. 30 kr.
so auch die Harmoniemusik in 8 Stimmen zu
haben. Man hat sich deswegen in der obern
Bäckenstrasse im Durchhaus zum schmeckenden
Wurm im Haarbeutelgewölbe, und bey mir
in der Leopoldstadt im weissen Lamm Nr. 143
im ersten Stock zu erkundigen.

Joseph Heydenreich, Uibersetzer.

Neue Musikalien.

Bey Franz Anton Hofmeister, Musik=Kunst=
und Buchhändler in der Wollzeile Nr. 803 ne=
ben
dem Schwebbogen sind ganz neu zu
haben:

Hoffmeister 6 Quat. a 2 Viol. Alto & Vio-
loncelle
Oeuv. XII. a 4 fl.

6 detti a Viol. 2 Alto & Violoncelle,
Oeuv. XIII. a 4 fl.

3 detti a Viol. alto & Violonc. Oeuv.
XIV. 2 fl. 30 kr.

6 Soli a Flauto, e Basso Op. XXI.
a 2 fl. 30 kr.

6 Duetti a 2 Flauti traversi op. XXI.
ganz neu samt dem Silhouette des Verfas=
sers
3 fl. 40 kr.

Lipavsky, 12 Variationi per Fortepiano de-
dicati
al fig. Mozart 1. fl.

Förster Duetto per Fortepiano Flauto, e
Violino Nr. J. 1 fl. 20 kr.

Grill Caprice pour detto 40 kr.

Pohl 3 Quat. pour 2 Viol. alto & Violonc.
2 fl. 30 kr.

3 detto pour Flute, Violon alto, &
Violonc. 2 fl. 30 kr.

Variationi pour detti de l'Opera la
Molinara 30 kr.

Giroverzganz neue 3 trios 2 Flaute, Violon,
& Violoncelle Liv. I. a 2 fl.

Liv. II. 2 fl.

Kospoth (Bar. de) 6 Quat. a 2 Viol. alto
& Violonc. Op. X. 5 fl.







[16]

Wranizky (Paul) 6 detti a detti Op. IX.
samt dessen Portrait 4 fl.

Vogler (Abbé) Variations sur L'air de Mal-
borugh
pur le Fortepiano avec 2 Viol. alto
Basse & c. ad libitum 1 fl. 12 kr.

Polymelos zu Caracteres de Musiquæ
die differentes Nations arrange 5 pour For-
tepiano
, 2 Viol. alto e Basse ad lib. 2 fl.

Pleyel 6 leichte und gefällige Rondos für das
Klavier mit einer beliebigen Violin Stim=
me
40 kr.

Sammlung kleiner und leichter Klavier
Stücke mit einer Violin ad libitum 40 kr.

S⟨efteno⟩ in F. a 2 Viol. 2 alto Vio-
lonc
. e Basse 1 fl. 45 kr.

3 Quintetts pour Flute, Violon, O-
boe
, Alto e Basse Op. 18. 2 fl.

Grand Concert pour Violon in D. 2
s. 45 kr.

3 Sonat. pour Clav, s⟨onb⟩. 1 fl. 48 kr.

3 detto pour Clav. Violon, & Vio-
loncelle
Liv. III. 2 fl.

Clementi 3 Sonat. pour Fortepiano avec Vi-
olon
Oeuv. XIII. 1 fl. 40 kr.

Nachricht

Bey dem burgerl. Buchbinder Jgnaz Lieu=
hart
in seinem Gewölbe am Pallerthor ist
um 24 fl. zu haben ein schönes vollständiges
Exemplar von dem für jeden Oekonom so
nützlichen vortreflichen Werke des Freyherrn
v. Benekendorf, Oeconomia forensis , oder
Jnbegrif landwirthschaftlicher Wahrheiten
ꝛc. 8 Theile in 4. der Käufer gewinnet nicht
nur das Drittel des Ladenpreises, welcher sich
für die 8 Theile à 4 fl. 30 kr. für jeden, auf
36 fl. beläuft, sondern auch den schönen fran=
zösischen
Band. Eben daselbst ist auch um
einen sehr geringen Preis zu haben die voll=
ständige
gut gebundene Sammlung der Wie=
ner
=Provinzialnachrichten.

Manuscripta und Wiener Diarium zu ver=
kaufen
.

1) Des Fürsten Carolo Eusebio v. Liech=
tenstein
selbst verfaßtes Gestütt=Buch. 1658.
in 9 Fol. Bänden. 2) Ludwig Pfalzgrafs ei=
genhändig
geschriebenes Kunst=und Pferdebuch.
1563. in Fol. 3) Ein chymisches Manus⟨cript⟩
in Fol. 51 Bogen Text, und6 1 / 2Bogen fein
gemalne Figuren. 4) Kaiser Ferdinand des III .
Landes=Ordnung für Böhmen von 1. Febr.
1640. 39 1 / 2 Bogen in Fol. 5)Notae ad Ca -pitulationem Caroli VI . 81 1 / 2 Bogen in Fol.
6) Verträge zwischen Bayern und Pfalz von
1505. item Diarium des Regensburger Reichs=

tags von 1664 und mehr andere Merkwürdig=
keiten
190 Bogen in Fol. 7) Extracte aus
dem Bayrischen Archiv . 113 Bogen in Fol.
8) Churbayrische Hofkammer= Instructions - Ab=
schriften
, von 1640 bis 1704. 78 Bogen in
Fol. 9) Zwey starke Bände sehr alter Chymisch=
und Alchymischer Handschriften in 4to. 10)
Sendivogi 55 Sendschreiben in 4. 11) Trac-
tatus de Natura & Arte, Causis, Fortuna,Casu, Faro, Actione, Passione & Creatio=ne. 1666. in 4to
. 12) Ein Alchymisches Ma-
nuscript
21 Bogen in 8vo. 13) Das Wiener
Diarium von 1761 bis 1783. 23 Jahrgänge
complet mit allen Extra -Beylagen in 24 Franz=
bänden
. 14) Eben dieses von 1765 bis 1777.
13 Jahrgänge in 16 Bänden. Alles dieses
ist zu sehen und um sehr billigen Preise zu ha=
ben
, auf der hohen Brücke Nr. 387 im er=
sten
Stock.

Ankündigung.

Praktische Anleitung zum Katechisiren, so=
wohl
in Schulen, als in der Kirche.

Wenn es gewiß ist, daß der Religionsun=
terricht
sowohl in Schulen, als in Kirchen der
wichtigste Gegenstand des ganzen Seelsorger=
amts
ist, indem von selbem die Bildung des
Verstandes und Herzenz abhängt, woran dem
Staate nicht weniger, als der Kirche alles ge=
legen
seyn muß, so darf ich nicht zweifeln, daß
dieses Werk für alle Seelsorger ein angenehmes
Geschenk seyn wird, welches die vollständigste
Anweisung zu diesem wichtigen Zweige ihres
Amtsberufs enthält, nicht nur allein alle theo=
retischen
Grundsätze aus der heil. Schrift, der
Lehre der Kirchenväter, und der reinen Philo=
sophie
abgezogen, sondern zugleich auch die
richtigste Art selbe praktisch anzuwenden. Nebst=
bey
findet man in selbem ein kritisches Verzeich=
niß
aller derjenigen Bücher, welche dem Ka=
techeten
in was immer für einer Rücksicht dien=
lich
seyn können. Das Werk fängt von dem
Unterrichte der kleinsten Kinder an, und gehet
stuffenweise bis zum Unterricht der Erwachse=
nen
. Mehr glaubt der Herausgeber zur Em=
pfehlung
desselben nicht sagen zu müssen; nur
die öffentliche Erklärung setzt er noch hinzu,
daß diese Anleitung nicht ein Werth seiner Er=
findung
, sondern die gesammelte Frucht öffent=
licher
Vorlesungen sey, daher bittet er alles Gu=
te
desselben nicht ihm, sondern den öffentlichen
Lehrern zuzuschreiben; ihn aber, wenn unge=
achtet
seiner Bemühung doch hie und da ein
kleiner Fehler eingeschlichen seyn sollte, mit der
guten Absicht zu entschuldigen; welche keine an=





[17]

Ankündigung.

Der Kinderfreund, ein Wochenblatt. Von
Weiße. Dritte verbesserte Auflage, mit
Kupfer, Vigneten und in Musik gesetzten Lie=
dern
. Mit k. k. Privilegio. Reutlingen
bey Joh. Grözinger 1791.

Unter der Menge von Erziehungschriften
hat wohl keine so viel Nützliches hervorgebracht,
als der seit lange erschienen Kinderfreund, von
Herrn Kreissteuereinnehmer Weiße. Mehrere
Originalauflagen und Nachdrücke sind vergrif=
fen
, und doch ist dieses vortrefliche und lehr=
reiche
Buch in vielen Gegenden noch unbekannt.
Der Preis war immer für den Bürger und Land=
mann
zu hoch, als daß er sich dasselbe, so gern
er auch wollte, anschaffen konnte. Man hat
sich daher Mühe gegeben, eine saubere kor=
rekte
, dem Original gleichkommende Auflage
mit allen dazu gehörigen Kupfern, Vigneten
und in Musik gesetzten Liedern zu veranstalten.
Diese Auflage soll über alle Erwartung äusserst
wohlfeil seyn. Drey Theile sind bereits schon
erschienen, und als 12 Theile sollen nicht höher
als gegen Vorhineinzahlung 4 fl 30 kr. zu ste=
hen
kommen, doch bleibt die Pränumeration
nicht länger als bis Ende July offen. Dieses
vortreffliche Werk, welches sonst im Nachdrucke




[18]

6 fl. ohne Kupferstiche, Vigneten und Musik
kostete, und noch obendrein unleserlich und en=
ge
zusammen gedruckt war, wird allen Zwei=
fel
von Uneigennützigkeit heben. Jener grosse
Meister in der Erziehungskunst arbeitet noch un=
ermüdet
fort, um das Wohl der Menschheit zu
einer höhern Vollkommenheit zu bringen. Ein
grosser Theil von Deutschlands höheren Jüng=
lingen
und Mädchen, Väter und Müttern, ver=
danken
ihm ihre durch dieses Buch erhaltene Bil=
dung
, und es läßt sich hoffen, daß noch ein
grösserer Theil von dem Mittelstande, dem Bür=
ger
und Landmann später hin jenem grossen Man=
ne
, den billigsten Dank für so ein allgemeines
Menschenwohl und Menschenglück beförderndes
Buch zollen werde. Die Christoph Peter Rehm=
sche
Buchhandlung unter den Tuchlauben im
Aug Gottes dem Seizerhof gegenüber in Wien
nimmt Pränumeration hierauf an, die ersten
3 Theile werden gleich gegen Schein für den
Erlag von 4 fl. 30 kr. verabfolget, alle 3 Wo=
chen
erscheinen gewiß 2 Theile, damit das Publi=
kum
nichts zu fürchten hat, daß das Werk ins
Stecken gerathen möchte, so werden gleich bey
Abnahme der 3 ersten Theile, alle Kupfer und
Lieder abgegeben werden. Das ganze Werk
wird bis in September dieses Jahrs sicher ganz
geliefert. Diejenigen, so sich diese schöne wohl=
feile
und mit allen Kupfern versehene Auflage
anzuschaffen gedenken, belieben sich bey Zeiten
zu melden. Reutlingen den 16. Juny 1791.

Ferner ist bey Peter Rehm im Aug
Gottes zu haben:

Allgemeiner Haus=und Wirthschaftskalender
für das Schaltjahr nach der Geburt Jesu
Christi 1792, ungebunden 18 kr. , gebunden
zu 20, 22, 24 und 27 kr.

Oekonomische Hauspostille, oder Sammlung der
bewährtesten Mittel und Vortheile, sowohl
in Krankheiten der Menschen und der Thiere,
als auch im Ackerbau, Gartenwesen, Wein=
kultur
, Bienenzucht und häuslicher Wirth=
schaft
. Aus den beßten neuern Erfahrungen
zusammengetragen vom Verfasser der ökono=
mischen
Zeitung, und des ökonomischen Haus=
und Wirthschaftskalenders, 8. 1791. unge=
bunden
1 fl. 20 kr. , gebunden 1 fl. 30 kr.

Dieses vortrefliche ökonomische Werk, wel=
ches
ganz für unser Vaterland bearbeitet ist,
verdient alle Aufmerksamkeit, der Verfasser ist
zwar zu bekannt, als daß man viel über dieses
Buch zu sagen hätte: unstreitig ist es aber, daß
in unsern Staaten noch kein solches nützliches
Buch für den Bürger und Landmann um einen
solchen geringen Preis erschienen ist.

Jn der v. Kurzbeckischen Buchhandlung
in der untern Breunerstrasse Nr. 1152
ist ganz neu zu haben:

Vera felicitas sive fundamentum omnis re-
ligionis
, græce & latine authore Atha=
nasio
Petride Psalida Joanninensi ex Epiro.
Tomus I. 8maj. 791. 2 fl.

Sr. k. k. Maj. Leopold des Zweyten politische
Gesetze und Verordnungen für die deutschen,
böhmischen, und gallizischen Erbländer auf
allerhöchsten Befehl und unter unmittelbarer
Aussicht der politischen Hofstelle herausge=
geben
. 1. Band, mit dem wohlgetroffenen
Portraits Sr. Maj. des Kaisers. 46 kr.

Nachricht von einigen Schul=und Studienan=
stalten
in den österreichischen Erblanden. 4.
791. 8 kr.

Fichtel (J. E. v.) mineralogische Bemerkungen
von den Karpathen, 2 Thl. mit einer Charte.
gr8. 791. 3 fl. 30 kr.

Die Ehre des Bürgerstandes nach den Reichs=
rechten
. 8. 791. 15 kr.

Entnersfeld (Fr. edlen v.) Lehrbuch der land=
wirthschaftlichen
Oekonomie, zum Gebrauch
derjenigen, welche sich dieser Wissenschaft
entweder theoretisch, oder praktisch widmen
wollen. 2 Thl. 8. 791. 3 fl.

Babor (Joh.) der Ursprung, Fortgang, und
Schicksale der Exkommunikation und des
Jnterdikts unter den Christen. 8. 791. 45 kr.

David (Fr. a S. Cajet .) neues Rädergebäude,
im. Kupf. gr8. 791. 45 kr.

Germonii (R.) disceptationes diplomaticæ,
quibus præmittitur earumdem historia. 4.
791. 3 8. 30 kr.

Schillings (Fr.) Betrachtungen über die Re=
volution
, und das neue sogenannte demokra=
tische
System in Frankreich. 8. 791. 30 kr.

Schrand (Fr.) Abhandlung von der Verbindung
der Lustseuche mit dem Scharbocke, und des=
selben
Heilungsart. 8. 791. 20<